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BRD/Sudan: Begegnungen in der Entwicklungszusammenarbeit

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“Perspektiven sudanesischer GenderaktivistInnen

Von Anna Müssener

Diskurse um Gender sind, dank den Interventionen von Frauenrechtsbewegung und Gender-AktivistInnen seit den 1960er Jahren, inzwischen Teil globaler Entwicklungspolitiken geworden – mit durchaus zwiespältigen Effekten. Gerade die dadurch bedingte Verquickung von Genderdiskursen – die im Verständnis vieler ProtagonistInnen einen ursprünglich macht- und herrschaftskritischen Anspruch haben – mit Dominanzverhältnissen, wie sie durch die postkoloniale Realität der Entwicklungszusammenarbeit geprägt werden, produziert ein starkes Spannungsverhältnis, in dem sich AkteurInnen verorten müssen, ohne dieses auflösen zu können. Besonders Gender-AktivistInnen im globalen Süden werden immer wieder herausgefordert, ihre Verortung explizit zu machen und zu thematisieren, denn hier ist dieses Spannungsverhältnis vor Ort sichtbar und Teil öffentlicher Debatten.

So sind im heutigen Sudan Diskurse und Diskussionen um Geschlechterverhältnisse untrennbar mit entwicklungspolitischen Fragen verknüpft. Nicht nur tauchen Schlagworte transnationaler Genderdiskurse wie “Violence Against Women”, “Empowerment”, oder eben “Gender” selbst überall dort auf, wo im Sudan Geschlechterverhältnisse diskutiert werden, sondern der überwiegende Teil öffentlich wahrnehmbarer Veranstaltungen zu Gender findet auch in Kooperation mit einer der zahlreichen im Sudan aktiven Entwicklungszusammenarbeits- oder humanitären Organisationen statt. Dies spiegelt zum einen die Verteilung von und den Zugang zu materiellen sowie infrastrukturellen Ressourcen wider – nämlich z.B. den Fakt, dass viele sudanesische Organisationen nicht über die Ressourcen verfügen, um ihre eigene Webseite zu unterhalten, zu publizieren, etc. – bedeutet aber auch, dass Geschlechterpolitik im Sudan vielschichtig mit Politiken der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) verwoben ist.

Besonders seit dem Abschluss eines Friedensvertrags und damit dem Ende des Bürgerkriegs zwischen Nord- und Südsudan im Jahr 2005 und der weltweiten Aufmerksamkeit für den Konflikt in Darfur erfährt die Aktivität internationaler Akteure im Sudan einen neuen Höhepunkt. Dies bedeutet auch, dass lokale AkteurInnen, staatliche wie nicht-staatliche, sich formieren, um sich Zugang zu neu zu verteilenden Ressourcen zu sichern und entstehende Handlungsspielräume zu nutzen. Das gilt auch, und im Besonderen, für das Feld der Geschlechterpolitik. Dabei ist die diskursive Nähe lokaler Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) zu internationalen Debatten ein Vorteil. Dagegen stehen jedoch auf der anderen Seite staatliche Institutionen, die auf vielfältige Weise die Möglichkeit haben, Strukturen vorzugeben und Zugänge zu ermöglichen oder zu blockieren. Die EZ verschiebt in dieser Situation die Kräfteverhältnisse zwischen den verschiedenen AkteurInnen. Wie also werden die Präsenz und das Wirken internationaler Organisationen im Feld der Geschlechterpolitik von lokalen AkteurInnen gesehen und wie verhalten sie sich ihnen gegenüber? Wie positionieren sie sich gegenüber den Geschlechterkonzepten internationaler Akteure? Für wen ergeben sich aus deren Präsenz neue Handlungsspielräume?

Der vorliegende Beitrag versucht sich diesen Fragen aus der Sicht lokaler Gender-AktivistInnen zu nähern und ihre Einschätzungen und Erfahrungen dazu zu beleuchten. Am Beispiel der Geschlechterpolitik im Sudan soll so das Zusammentreffen lokaler und internationaler Organisationen nachgezeichnet werden. Der Beitrag basiert auf den Ergebnissen eines Forschungsprojektes im Rahmen meiner Diplomarbeit zur Lokalisierung globaler Genderdiskurse (2009).

Im ersten Teil zeichnet der Beitrag nach, wie das Verhältnis zwischen Gebern und lokalen AkteurInnen aus unterschiedlichen Perspektiven bisher beleuchtet und bewertet wurde. Maßgeblich sind dies Beiträge der kritischen Entwicklungstheorie, insbesondere feministischer KritikerInnen, Beiträge der transnationalen Bewegungsforschung, auch hier wieder besonders der transnationalen Frauenbewegung, sowie der genderbasierten Regionalforschung. Im zweiten Teil werden die zentralen AkteurInnen sudanesischer Geschlechterpolitik, nämlich staatliche, nicht-staatliche und internationale und ihre Bedingungen und Agenden vorgestellt. Der dritte Teil widmet sich dann den Perspektiven lokaler Nicht-RegierungsakteurInnen auf die Rolle von und das Verhältnis zu internationalen Organisationen und Gebern. Im Fazit greife ich die Frage nach der Lokalisierung bzw. Entlokalisierung von Konzepten und Formaten noch einmal auf (…).”

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(Quelle: Peripherie.)

 

Anmerkung

Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift “Peripherie”, aus der dieser Aufsatz stammt, finden Sie in unserer Bücherei.


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